Am 8. November 1874 wurde die FF Wörth in einer von Bürgermeister Dölzer und Stadtschreiber Rupp einberufenen Versammlung in der "Krone" gegründet.
Seit diesem Tag ist die in Ansätzen bereits früher sichtbare Organisation der Feuerbekämpfung auf eine vereinsmäßig gesicherte Grundlage gestellt.
Wie kam es dazu?

1.
Die Bevölkerungszahl stieg. Das wird in Wörth deutlich daran sichtbar, daß die Stadt über den alten Mauerkern hinauswuchs und sich rasch ausdehnte. Damit wird das Gemeinwesen unübersichtlicher. Die Nachbarschaftslöschhilfe im herkömmlichen Sinne wird immer schwieriger. Man kann also sagen, mit der Gründung der FF hat sich eine spezielle Funktion der Gemeinde, die Funktion der Brandbekämpfung, verselbständigt.

2.
Die Technik wird immer komplizierter - auch bei der Feuerwehr. Es kann nicht jeder sachgerecht eine Feuerspritze bedienen. In der FF werden also die "Spezialisten auf dem Gebiet der Feuerlöschtätigkeit" organisiert.

3.
Die Gründung der Freiwilligen Feuerwehren seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ist schließlich einzuordnen in den großen Aufschwung des Vereinswesens vor über 100 Jahren (es ist zugleich die große Zeit der Gründung von Turn- und Sportvereinen).

So werden im Gründungsakt von 1874 wichtige Tendenzen des 19. Jahrhunderts sichtbar.

Die ersten Kommandanten: Adolf Stappel (1875-76)
A. Schellenberger (1877-80)
Theodor Anton Lang (1880-92)
bemühten sich zunächst einmal, Armatur und Montur der Feuerwehr anzuschaffen, bzw. zu ergänzen:

Im Gründungsjahr werden 5 Stück Feuerwehrübungsbücher und eine "neue Feuerleiter für die Feuerwehr" gekauft.

Aus den Beständen der Bürgermiliz vom Revolutionsjahr 1848 sind noch zwei Beile und Schurzfelle erhalten. Die beiden Besitzer werden verpflichtet, diese Gegenstände der FF zur Verfügung zu stellen (15.1.75).

Nach einer Notiz von 1903 wurden offensichtlich noch 1874 Feuerjoppen angeschafft (nach dem Visitationsbericht von 1879 "graue Joppe von Tuch").
Die Ausgabe für eine Kommandantenuniform (die allerdings "Eigentum der Stadt" bleibt) wird am 28. Juni 1877 registriert.

Am 3. Oktober 1878 gibt der Stadtmagistrat an das königliche Bezirksamt Obernburg das Ergebnis einer Inventur bekannt:

"Die hiesige Gemeinde besitzt zur Zeit drei Löschmaschinen,

1 Schubleiter
1 Strickleiter
4 Dachleitern
2 Firstleitern
3 Hackenleitern
1 Gesimshacken

1 Steckleiter
1 zweirädrigen Wasserkasten
1 Schlaughaspel
197 lederne Feuereimer . . .

sämmtliche voraufgeführten Gegenstände sind Eigentum der Gemeinde . . .
sämmtliche Löschgeräthe sind in den unteren Räumlichkeiten des Rathhauses untergebracht".

Am 1. Dezember 1879 findet eine gründliche Visitation der Wörther Wehr statt.
Das Kreisausschußmitglied J. Wesinger aus Miltenberg trägt den Befund der Visitation in ein vorgedrucktes Formular ein. Neben Anzahl und Qualität der Spritzen, Leitern usw. wird auch die Schlagkraft der Mannschaft unter die Lupe genommen:

"Wäre Sorge zu tragen, daß das ganze Corps eine strame, seinem militärischen Charakter mehr entsprechende Haltung erhält".

Auch die Ausbildung der verantwortlichen Wehrmänner scheint nicht zufriedenstellend gewesen zu sein:
"Die Chargirten sind nothdürftig geübt".
Auf die Frage, was zur theoretischen Ausbildung geschehe, mußte die Antwort eingetragen werden: "Gar nichts".

Mit dieser Visitation war eine ordentliche Zwischenbilanz gegeben. Der Kommandant wußte, welche Schwerpunkte in der Arbeit zu setzen und welche Mängel zu beseitigen waren. Bis gegen Ende des Jahrhunderts wurde unter dem Kommandanten Josef
Wiesmann auch die vereinsmäßige Organisation der FF zu Ende geführt.

Am 13. Januar 1895 wird beschlossen, daß ein Protokollbuch gekauft werden soll.
Seit 1896 findet regelmäßig der traditionelle Ball der Feuerwehr statt um die Kameradschaft der Feuerwehrmänner auch außerhalb des Dienstes zu fördern.

Ein zentrales Problem der ersten Jahrzehnte und besonders der ersten Jahre nach der Gründung der FF war die Existenz einer Pflichtfeuerwehr. Da es Aufgabe einer Gemeinde ist, für dieFeuerbekämpfung zu sorgen, muß eine Pflichtfeuerwehr aufgestellt werden, wenn es nicht zur Bildung einer FF kommt, bzw. wenn die Soll-Stärke der FF nicht erreicht wird.

Ob wegen des mäßigen Ausbildungsstandes der FF oder ob andere Gründe vorlagen, ist nicht bekannt. Tatsache ist, daß in Wörth eine Pflichtfeuerwehr eingeführt wurde, deren erste Übung am Sonntag den 1. August 1880 um 5.00 Uhr stattfand.
Dieser "erste Auftritt" war jedoch keineswegs erfolgversprechend. Der Bericht des "Commandos der freiwilligen Feuherwehr" an das königliche Bezirksamt Obernburg gibt die Einzelheiten wieder:

"Hiermit bringen wir dienstlich zur Anzeige, daß auf Anordnung und im Einverständniß mit dem Herrn Bürgermeister, von der Pflichtfeuerwehr (die Spritzenmannschaft-Abtheilung) zur ersten Uebung auf heute früh 5.00 Uhr geladen war. Das Signal wurde von dem Hornisten der freiwilligen Feuerwehr gegeben. Der Sammelplatz war am Requisitenhaus (Rathhaus).
Um nun die Vorlesung beginnen zu können wurde von dem Unterfertigten Commando kommandirt, "in zwei Glieder angetretten" wobei von mehrerer Mannschaft hierüber laut resoniert wurde, und die Tabackspfeifen von einzelnen trotz mehrmaliger Ermahnung während Verlesen ... fortgeraucht.
Die Dienstauszeichnung "blaue Armbinde" wurde vom Herrn Bürgermeister hierbei vertheilt, dieselben wurden trotz mehr- maligem Ermahnen zum anziehen nicht angezogen sondern in Tasche gesteckt.

Um nun die Eintheilungen in Züge Sectionen ect. beginnen zu wollen, erging abermals von dem Unterfertigten Commando das Commando-Stichwort "Richt Euch" worauf einer aus der Mitte schrie "Säbel raus".
Der Unterzeichnete fragte sodann "wer ist dieser", da trat der hiesige Bürger Eduard Uehlein hervor und schrie noch heftiger
"ich bin es".
Glaub ihr vielleicht wir sind Buben, wir brauchen nicht zu exerzieren, das kann uns niemand gebieten ect. Durch diese Schreiereien entstand bereits unter der sämmtlichen Mannschaft ein großer Aufruhr, und zwar derartig, daß es dem Unterzeichneten nicht möglich war mit der benannten Mannschaft die Uebung beginnen zu können . . ."

Auch aus dem Entschuldigungsbrief von Vater Karle für seinen Sohne spricht die Entrüstung über die Verpflichtung zum Feuerwehrdienst: Er beruft sich auf den Sonntag,

"den Gott der Herr zum Ruhetag ... gesetzt hat um sich auszuruhen und sich auf die nächste Woche neue Kräfte zu sammeln, so soll man jetzt zur Erholung den Sonntagfrüh 4.00 Uhr aus dem Bette heraus und auf den Dächern herumklettern, das ist bei jetziger Zeit zuviel verlangt . . .
oder sind die Gesetze in Baiern derart, daß man gezwungen werden kann, an Sonntagen knächtliche Arbeiten verrichten zu müssen, so füge auch ich mich der Gewalt."

Im Jahre 1882 ging es mit Übungen nicht viel anders:

"Die Übung war nur von kurzer Dauer, da durch die Stimmung der Mannschaft als auch durch das harthe Vorgehen der Commandanten Uneinigkeit entstanden, infolge derer die Übungen sicher nicht das gewünschte Resultat erzielten."

1888 verweigert der Kommandant der FF sogar die Einübung der Pflichtfeuerwehr.
Sicher dürfen diese Vorkommnisse, die sich bis in die Zeit nach dem 1. Weltkrieg nicht wesentlich änderten, als Symptom einer Übergangszeit gewertet werden:
Einer Zeit zwischen der Verpflichtung aller zum Löschdienst einerseits und der freiwilligen Übernahme dieses Dienstes durch eine spezialisierte Mannschaft andererseits.